31.8.12

Die Beerdigung

Dieses Kapitel passt sehr gut zu diesem trüben Wetter von heute. Auch an Julia's Beerdigung hingen die Wolken über dem Friedhof.

Am Morgen der Beerdigung kam mir in den Sinn, dass ich gerne noch Lieder-Blätter schreiben würde, damit man mitlesen kann. Wir hatten uns für drei Lieder von der CD "Mis Chind" entschieden. So verging die Zeit am Morgen sehr schnell und ich hatte noch gar nicht Zeit, zu überlegen, wo ich eigentlich hingehen würde.

Als wir im Auto sassen, sagte ich auf der ganzen Fahrt zu meinem Mann, dass ich das nicht wolle und ich aussteigen möchte. Die anderen könnten das Ganze ja alleine - ohne uns -  machen. Aber es wäre doch nicht zumutbar, dass eine Mutter und ein Vater ihr Kind beerdigen müssen. Mein Mann sagte nicht viel. Der Schmerz stand auch ihm ins Gesicht geschrieben.

Wir gingen so spät wie möglich, sodass wir nicht noch warten mussten. Diese Entscheidung war wohl richtig. Nun standen wir vor dem Friedhof. Viele Tränen flossen schon vor dem Zaun. Ich wollte da nicht rein und wollte mein Kind nicht unter die Erde legen.

Zuerst mussten wir ein Stück über den Friedhof gehen. Die seelischen Schmerzen und auch die Schmerzen von der Operation machten diesen Weg zum schwersten Gang meines Lebens. Ich wusste auch genau, was mir bevorsteht. Ein paar Sonnenstrahlen schienen durch die Bäume als wir bei Julias Grab ankamen. Der Friedhofgärtner hatte für mich einen Stuhl bereitgestellt.


Der Atem blieb beinahe stehen. Ich sah dieses kleine, weisse Särglein im Grab. Wir wollten, dass der Sarg schon unten war, denn dafür hätten wir die Kraft nicht gehabt. Die ganze Verzweiflung, der Schmerz und die Trauer waren wohl kilometer weit zu hören. Hatten wir nicht schon genug gespürt, was es heisst, wenn es einem das Herz zerreisst?



Der Anblick ins Grab war furchtbar, doch gleichzeitig lag sie so schön in Blumen gebettet. Unsere Eltern hatten ganz feine Blumen für Julia ausgewählt. Nach ca. fünf Minuten betete der Pfarrer für uns und dann verabschiedeten wir uns von Julia. Viel länger hätte ich das dort auch nicht mehr überstanden.

Vom Grab liefen wir zur Friedhofskapelle. Ich spüre noch heute meine zittrigen Beine, den Schmerz, Julia verlassen zu müssen. Meine Schwester spielte in der Friedhofskapelle Klavier. Sie spielte wunderschön und baute von unserer Musikdose noch das "Schlaf, Kindlein, schlaf" in ein anderes Stück ein. Auch das war herzzerreissend, aber wunderschön. Ich weiss heute noch nicht, wie sie spielen konnte. Wir sind ihr für immer dankbar.

Dann hielt der Pfarrer eine Predigt. Für ihn war es auch sehr schwierig, denn er kannte uns gut und fühlte sehr mit uns mit. Er sprach über die Trauer und ging dann zur Hoffnung über. Es tat uns gut. Ja, Julia ist im Himmel und dort ist sie gesund. Dort werden wir sie irgendwann wiedersehen und in unsere Arme schliessen können. Wir hatten vom Pfarrer die Predigt noch schriftlich bekommen, sodass wir sie nocheinmal durchlesen können, wenn wir das Bedürfnis dazu haben.



Schon während der Predigt fiel uns ein Stein vom Herzen. Wir fühlten uns leichter, hatten den schwersten Gang unseres Lebens geschafft. Wir wussten zugleich, dass der Weg der Trauer lang, wir aber sehr gut aufgefangen würden.

Wir haben zur Beerdigung nur unsere beiden Familien und zwei Freundespaare eingeladen. Da Julia ein feines Mädchen war, wollten wir, dass jeder etwas farbiges anzieht. Das war auch gut so!

Nach dem Gottesdienst fuhren mein Mann und ich sofort nach Hause. Durch den Regen. Auch der Himmel weinte mit uns. Meine Eltern kamen etwas später auch zu uns. Für uns war es wichtig, nach der Beerdigung nicht alleine zu sein. So konnten wir noch einmal über die Beerdigung sprechen und das wiederum half allen bei der Verarbeitung dieses unglaublich schwierigen Tages.

Am Abend sahen wir aus dem Fenster einen Regenbogen!



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