8.9.12

Spina Bifida

Vor einem guten Jahr beschlossen mein Mann und ich, mit der Einnahme von Folsäure zu beginnen, da wir uns vorstellen konnten, eine Familie zu gründen.

Im Wartezimmer meines Frauenarztes las ich immer wieder von dieser Folsäure und dachte, dass ich schon vor der Schwangerschaft mit der Einnahme beginnen möchte. Wir gingen in die Apotheke in unserem Städtchen und wurden von einer chinesischen Frau bedient.

Hier zum Dialog (etwa so hat es geklingt):
Sie: Glüezi, kann ich Ihnen behilflich sein?
Wir: Ja gerne. Wir hätten gerne Folsäure.
Sie: Ah, wollen Sie schwangel welden?
Wir: (schauen, ob wir nicht gerade noch Bekannte um uns herum haben...) Ja, eigentlich schon...
Sie: Oh, so schön! Also ich gehe und hole!
Wir: (warten...)
Sie: So, jetzt habe ich hiel Folsäule und hiel noch Mustel von Elevit Plo Natal. Können Sie auch einnehmen.
Wir: Oh super, vielen Dank!
Dann haben wir bezahlt und eingepackt...
Sie: Viel Elfolg!
Wir: Dankeschön!








Auf dem Nachhauseweg sagte ich zu meinem Mann, dass wir wenigstens schon mal eine Krankheit ausschliessen könnten. Wir hätten ohnehin schon die ein oder andere vererbliche Krankheit. Wenigstens könne unser Kind nicht Spina Bifida haben!

Dann kam die Schwangerschaft. Alles schien gut zu gehen. Dann folgte die Geschichte mit den Ventrikeln, aber auch da blieben wir ruhig. Und darauf folgte die Geburt. Julia starb.

Woran?

An Spina Bifida. Waren wir uns nicht soooo sicher, dass unser Kind genau das nicht haben konnte? Warum musste sie genau an dieser Krankheit leiden? Ich hatte doch schon Folsäure vor der Schwangerschaft eingenommen. Und nun ausgerechnet diese Krankheit!

Nach der Obduktion bekamen wir die positive Nachricht, dass Julias Spina Bifida nicht genetisch bedingt war. Auf die eine Seite sehr schön, auf die andere Seite traurig, denn ich hatte mich doch schon vor der Schwangerschaft auf sie vorbereitet. Es lag wohl an mir und doch mache ich mir nun keine Vorwürfe, da ich mich ja wenigstens mit der Einnahme von Folsäure bemüht hatte.

Was habe ich gelernt? Ich habe gar nichts selbst in der Hand. Keine Tabletten und Pillchen können einem ein gesundes Kind schenken. Wir Menschen können nicht bestimmen, wie unser Leben aussehen wird. Ihr glaubt mir vielleicht, dass es für mich eine grosse Ohrfeige war, dass Julia genau an der Krankheit litt, die ich ausgeschlossen hatte. Nun habe ich aber gelernt, dass ich darauf vertrauen muss, dass Gott gesunde Kinder schenkt, aber Er auch Julia gewollt hatte. Sie darf nun schon bei ihm sein, wo sie ganz auf Medikamente verzichten kann.

Nochmals zurück zur Chinesin...

Während der Schwangerschaft musste ich immer wieder in die Apotheke. Sie freute sich jedesmal, wenn ich kam. Sie war die Einzige, die schon vor der Schwangerschaft von unseren Plänen wusste. Ein paar Tage vor der Geburt sah ich sie wieder. Sie fragte mich, wie lange es denn noch dauern würde. Ich meinte, es könne jederzeit losgehen. Sie wünschte mir eine gute Geburt und fragte mich, ob ich ihr mein Baby dann zeigen kommen würde.

Bis jetzt habe ich sie nicht wiedergesehen. Vor ihrer Reaktion habe ich schon ein bisschen Angst. Sie war immer so emotional, das mochte ich sehr an ihr. Aber wie wird sie jetzt reagieren?

Irgendwann mache ich den Schritt auf sie zu... 

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