Ich fühle mich leer. Ich empfinde eine Leere.
Das sind Sätze, die ich schon oft gehört habe. Selbst wusste ich nie, was dies bedeutete.
Gerade
in den Nächten im Spital spürte ich eine Leere. Ich dachte nicht mehr.
Ich konnte gar nicht mehr denken. Ich lag einfach nur da und die Zeit
verging. Ich war nicht traurig, auch nicht glücklich - ich empfand
nichts. Ich war eben leer.
Auch am Tag nach der Beerdigung kam diese Leere immer wieder
hoch. Mein Mann fühlte dich da auch leer. Denn bis dahin lief immer
etwas. Wir mussten den Abschied für unsere Kleine vorbereiten und
organisieren, Trauerkarten gestalten und drucken lassen, bekamen Besuch
und waren nie alleine. Aber am Dienstag, genau eine Woche nach der
Geburt von Julia, wollten wir einmal alleine sein.
Wir sprachen nicht miteinander, wir weinten nicht, wir lachten
nicht, wir sassen da. Die Zeit schien kein Ende zu nehmen. Manchmal
huschten wieder Gedanken durch den Kopf, aber dann war's auch schon
wieder vorbei mit den Gedanken. Wenn man also nichts mehr fühlt, dann
fühlt man sich leer. Dieses Gefühl ist betäubend und unnatürlich. Ein
Gefühl, das man nicht fühlt, so etwas gibt's doch nicht.
Nun gut, diese Leere hat auch ihre Vorteile, denn sie macht, dass
sich der Körper nach dem grossen Schock erholen kann. Im Krankenhaus
kam eine Psychiaterin vorbei und meinte, dass diese Leere nur dann
eintritt, wenn wir einen riesigen Schock verarbeiten müssen. Unser
Gehirn ist überfordert mit dieser Situation und löst dann diese Leere
aus.
Diese Leere war dennoch kaum auszuhalten. In der Nacht machte es
mir nichts. Aber am Tag? Sie lähmte uns und so überlegten wir uns, was
wir gegen diese Leere unternehmen konnten. Wir riefen unsere Eltern und
Freunde an und so war die ganze Woche wieder verplant. Familie und
Freunde können einem gerade in solchen Situationen für Ablenkung sorgen.
Und wenn man abgelenkt ist, tritt die Leere viel weniger auf.
Die einen nennen das "Verdrängen". Ich behaupte, es ist kein
Verdrängen, sondern mehr ein Zurechtkommen in einer Situation, die man
eigentlich gar nicht aushalten kann. Auch Familie und Freunde können die
Trauer nicht wegnehmen, also verdrängt man ja auch nichts. Uns hat es
sehr geholfen, viel über das Erlebte zu sprechen. Ich bin überzeugt,
dass dadurch auch die Leere langsam verschwand.
Und heute? Diese Leere gibt es nicht mehr. Damit meine ich diese
lähmende Leere. Manchmal fühle ich mich auch jetzt noch leer. Aber ich
weiss nun, wie damit umgehen zu müssen.
Wie viel uns Julia doch gelehrt hat! Ich lebe nun viel bewusster...
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