7.9.12

Wie fühlt sich Leere an?

Ich fühle mich leer. Ich empfinde eine Leere.

Das sind Sätze, die ich schon oft gehört habe. Selbst wusste ich nie, was dies bedeutete.
Gerade in den Nächten im Spital spürte ich eine Leere. Ich dachte nicht mehr. Ich konnte gar nicht mehr denken. Ich lag einfach nur da und die Zeit verging. Ich war nicht traurig, auch nicht glücklich - ich empfand nichts. Ich war eben leer.


Auch am Tag nach der Beerdigung kam diese Leere immer wieder hoch. Mein Mann fühlte dich da auch leer. Denn bis dahin lief immer etwas. Wir mussten den Abschied für unsere Kleine vorbereiten und organisieren, Trauerkarten gestalten und drucken lassen, bekamen Besuch und waren nie alleine. Aber am Dienstag, genau eine Woche nach der Geburt von Julia, wollten wir einmal alleine sein.


Wir sprachen nicht miteinander, wir weinten nicht, wir lachten nicht, wir sassen da. Die Zeit schien kein Ende zu nehmen. Manchmal huschten wieder Gedanken durch den Kopf, aber dann war's auch schon wieder vorbei mit den Gedanken. Wenn man also nichts mehr fühlt, dann fühlt man sich leer. Dieses Gefühl ist betäubend und unnatürlich. Ein Gefühl, das man nicht fühlt, so etwas gibt's doch nicht.


Nun gut, diese Leere hat auch ihre Vorteile, denn sie macht, dass sich der Körper nach dem grossen Schock erholen kann. Im Krankenhaus kam eine Psychiaterin vorbei und meinte, dass diese Leere nur dann eintritt, wenn wir einen riesigen Schock verarbeiten müssen. Unser Gehirn ist überfordert mit dieser Situation und löst dann diese Leere aus.


Diese Leere war dennoch kaum auszuhalten. In der Nacht machte es mir nichts. Aber am Tag? Sie lähmte uns und so überlegten wir uns, was wir gegen diese Leere unternehmen konnten. Wir riefen unsere Eltern und Freunde an und so war die ganze Woche wieder verplant. Familie und Freunde können einem gerade in solchen Situationen für Ablenkung sorgen. Und wenn man abgelenkt ist, tritt die Leere viel weniger auf.


Die einen nennen das "Verdrängen". Ich behaupte, es ist kein Verdrängen, sondern mehr ein Zurechtkommen in einer Situation, die man eigentlich gar nicht aushalten kann. Auch Familie und Freunde können die Trauer nicht wegnehmen, also verdrängt man ja auch nichts. Uns hat es sehr geholfen, viel über das Erlebte zu sprechen. Ich bin überzeugt, dass dadurch auch die Leere langsam verschwand.


Und heute? Diese Leere gibt es nicht mehr. Damit meine ich diese lähmende Leere. Manchmal fühle ich mich auch jetzt noch leer. Aber ich weiss nun, wie damit umgehen zu müssen.


Wie viel uns Julia doch gelehrt hat! Ich lebe nun viel bewusster...

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