Diese Woche war geprägt von vielen ersten Konfrontationen. Gestern war ich im Dorf, wo ich arbeite, zu Besuch. Ich glaube, dass ich nicht viel geschlafen hatte, denn ich war unglaublich nervös. Immer wieder redete ich mir ein, dass ich auch ja keine Tränen vergiessen möchte. Ich hatte Angst, dass es peinlich werden könnte, zumal mir einige Arbeitskolleginnen und -kollegen nicht so nahe stehen. Andere wiederum standen mir nahe und bei denen hätte ich mich wohl auch nicht geschämt.
Zuerst besuchte ich zwei Arbeitskolleginnen im Kindergarten. Dieser Kindergarten liegt ein bisschen abgelegen. Es war schön, wieder dort zu sein. Vor allem wurde ich auch gleich viel ruhiger, weil mir dieser Ort ja sehr vertraut war. Für die Pause ging ich dann ins Lehrerzimmer rüber. Da ich einen Kuchen mitbrachte, war die erste Hürde wie geschafft. Ich stellte ihn hin und alle kamen offen auf mich zu. Vorher hatte ich ja noch Angst, wie sie wohl reagieren würden. Es tat gut zu sehen, dass ich nicht vergessen wurde.
Die Schüler, die draussen in der Pause waren, fragten mich nachher, wie es mir ging und überall hörte ich, wie sie meinen Namen riefen. Ich wusste, dass ich da nun nicht schwach werden wollte. Für die Schüler ging alles normal weiter. Ich war nun zwar eine Weile weg, aber das machte keinen Unterschied für die Schüler. Jetzt war ich ja wieder da und alles würde genauso weitergehen, wie vor dem Tod von Julia. Das mag ich auch an Kindern. Sie kommen so unbefangen auf mich zu, stellen mir Fragen, die sie beschäftigen und kehren dann zu ihrem Spiel zurück.
Nach der Pause besuchte ich zum ersten Mal meine zukünftige Klasse. Ich wurde herzlich empfangen und ich muss sagen, diese Gruppe ist richtig toll. Einen Jungen kannte ich schon, weil seine Schwester in meiner Klasse war. Er rannte raus und rief, dass ich nun endlich da wäre. Dann ging er gleich zum nächsten Thema rüber. "Gell, dis Baby hät giftigs Bluet gha und isch denn gschtorbe..."
Nicht ganz so, aber ja, das hat ja noch ein bisschen Zeit und dann werde ich es ihm dann schon noch erklären. Bei der Verabschiedung sahen mich die ehemaligen Kinder und rannten gleich auf mich zu.
Das Gefühl, wieder gewollt zu sein und diese grosse Wärme taten mir sehr gut. Die Tränen konnte ich zurückhalten, die Kinder zauberten mir ein Lächeln ins Gesicht.
Gestern Abend wurde ich zum Elternabend eingeladen, damit ich die Eltern der Kinder gleich auch kennenlernen konnte. Ich war vorher auch ziemlich aufgeregt, da ja alle um meine Umstände wussten. Eine schwangere Frau, die ich schon vorher kannte, getraute sich fast nicht, mir in die Augen zu schauen. Da wurde mir schon bewusst, dass es wohl nicht nur für mich Hürden gibt, sondern auch für andere Leute.
Insegsamt ging alles sehr gut. Ich bin nun erleichtert, dass diese Konfrontationen vorbei sind. Ich glaube, dass ich nun die schwierigsten Konfrontationen geschafft habe. Es werden wohl immer wieder welche auftauchen, doch nun atme ich erst mal auf!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen